Nachhaltiges Leichtgewicht
Vorzeigeprojekt für Holzhybridbauweise: Grand Central, Wien
Nachhaltig, leicht, flexibel einsetzbar: Die Vorteile des Baustoffes Holz sind vielfältig. Beim Bürokomplex „Grand Central“ ist die Holzhybridbauweise außerdem der Schlüssel für die besonderen Herausforderungen an das Tragwerk.
Das „Grand Central“ ist ein besonders nachhaltiger und flexibler Gebäudekomplex, der dank unmittelbarer Nähe zum Verkehrsknotenpunkt Wien Floridsdorf über eine optimale Verkehrsanbindung verfügt. Mit seinen 12.000 m2 in zwei Gebäudeteilen erhielt der 21. Wiener Gemeindebezirk dringend benötigte Büromietflächen.
Der 175 m lange und 20 m breite, sechsgeschossige Neubau ist ein Paradebeispiel für die Vorteile der Holzhybridbauweise. Da er direkt über der U-Bahn-Wendeanlage errichtet wurde und somit vom bestehenden U-Bahn-Tunnel getragen wird, musste sein Gewicht reduziert werden – was dank Verbundbauweise mit Leichtbauelementen gelungen ist. Die Holzhybridbauweise mit vorgefertigten Modulen ermöglicht außerdem eine hohe Flexibilität in der Gestaltung der Innenräume, was eine zentrale Vorgabe der Auftraggeber war.
Maximale Flexibilität
Dank Skelettbauweise mit Holz-Beton-Verbunddecken, Stahlbetonstützen und einer verputzten Brettsperrholzfassade können die Räumlichkeiten flexibel unterteilt und einfach an die unterschiedliche Bedürfnisse der Nutzer:innen angepasst werden: Vom Großraumbüro bis zum Einzelbüro ist alles möglich.
Auch für den Bauprozess bedeutete die Holzhybridbauweise einen hohen Grad an Flexibilität. Die Verwendung von Holz als unsichtbares Baumaterial ermöglichte es uns, effizienter zu arbeiten und Kosten zu sparen. Da der Fokus nicht auf der sichtbaren Optik des Holzes lag, konnten wir flexibler in der Verarbeitung sein, was besonders bei komplexen Bauteilen, wie der HBV-Decke in Kombination mit Ortbeton, von Vorteil war. Ein weiterer Vorteil: Holz verzeiht Fehler. So konnten wir einige Bauteile, die im falschen Maß geliefert wurden, auf der Baustelle problemlos anpassen.
Das wichtigste Argument für Holz war das geringe Gewicht, das zweite die Schnelligkeit. Dank des hohen Vorfertigunsggrads der Bauteile konnte wesentlich schneller gebaut werden.
Siniša Macedonić
Architekt, Gesamtprojektleiter in Wien
„Balanceakt“ auf dem U-Bahn-Schacht
Da sich das Grand Central direkt an einem stark befahrenen Verkehrsknotenpunkt befindet, lag ein besonderes Augenmerk unserer Planung auf dem Schallschutz und der elektrostatischen Trennung des Gebäudes – für eine möglichst große Behaglichkeit in den Innenräumen.
Die Fundierung des Gebäudes auf der U-Bahn-Wendeanlage war eine besondere Herausforderung für das Tragwerk, da die U-Bahndecke vom Gebäude entkoppelt und alle Kräfte über die Tragstruktur des Tunnels abgeleitet werden müssen. Neben dem erforderlichen Erschütterungsschutz muss sie außerdem auf Einwirkungen aus Wind, Schiefstellung und Erdbeben reagieren.
Für die gezielte Lastabtragung haben wir 15 m lange Roste konstruiert, die die Lasten aufnehmen und an den entsprechenden Punkten auf die Stützen und Seitenwände ableiten. Auf dem Rost stehen die Stützen. Die genauen Positionen der Lastabtragung wurden im Vorfeld durch digitales Aufmaß des U-Bahn-Tunnels ermittelt.
Da die U-Bahn mit Gleichstrom betrieben wird, die Versorgung des Bürogebäudes aber mit Wechselstrom, wurde für die elektrische Trennung zwischen den beiden eine Folie zwischen Rost und U-Bahn-Decke eingefügt. Damit wurde sichergestellt, dass Stahlbauteile wie die Bewehrung nicht infolge von Kriechströmen – die beim Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Stromarten entstehen können – korrodieren.
Für den optimalen Erschütterungsschutz haben wir vorab mehrere Messungen an der Rohdecke des U-Bahnbauwerks durchgeführt, um die Erschütterungs- und Sekundärschallimmissionen zu bewerten und die Schutzziele zu definieren.
Wojciech Tomczak
Ingenieur, Gruppenleiter Tragwerksplanung in Wien
Holz-Beton-Verbunddecken
Für die Decke über dem Regelgeschoß erwies sich eine Holz-Beton-Verbunddecke mit PFEIFER Hybridbeam®-Trägern als ideal. Die Aussteifung des Gebäudes erfolgt über je zwei Stahlbetonkerne je Bauteil. Die HVB-Decken bilden eine schubsteife Scheibe in horizontaler Richtung und übertragen die Einwirkungen aus Wind, Schiefstellung und Erdbeben auf die vertikalen Wände. Die Stützen und die Deckenträger sind als Rahmen ausgebildet und tragen zur horizontalen Aussteifung bei.
Die HBV-Decken reduzieren die Gesamtdicke der tragenden Deckenkonstruktion. Der Stahlverbundträger wird in die Decke integriert und ermöglicht ebene Deckenuntersichten, mehr Raumhöhe und die einfache Installation der technischen Gebäudeausrüstung. Ein weiterer, großer Vorteil von HBV-Decken ist ihr hervorragender Schall- und Schwingungsschutz.